Eignet sich OKR für die Unternehmenssicherheit (oder jede andere Fachabteilung die zur „Verwaltung“ und damit den Unterstützungs- statt Kernbereichen eines Unternehmens zählt ?
Kann man die Methode „Objectives & Key Results“ nutzen um den Fortschritt in der Sicherheit von Unternehmen messbar zu machen bzw. mit ihr die Wirksamkeit von Sicherheitsmaßnahmen nachweisen ❔
Diese Frage bekam ich jüngst von einem erfahrenen Mitarbeiter aus der Unternehmenssicherheit eines großen Konzerns gestellt.
👉Ich fand sie so spannend, dass ich hierzu eine Beitragsreihe erstellt habe. Zum einen um die Frage zu beantworten, zum anderen aber auch um meine Gedanken die mich bei der Auseinandersetzung mit dem Thema und auf dem Weg zur Antwort bewegten zu teilen.
➡️Die Frage hat mich als Impuls besonders zum Nachdenken angeregt, da sie aus meiner Sicht mit einem der Kernthemen, die Unternehmenslenker und Sicherheitsmanager seit jeher bewegt, verknüpft ist.
⚠️Schafft Sicherheit in Unternehmen tatsächlich Mehrwert (und damit die Investitionen in Personal, Organisation und Sicherheitstechnik) und woran lässt sich das ablesen bzw. wie kann der Wert sichtbar gemacht werden ?
Ich habe in meiner Zeit in Konzernsicherheiten häufig Zeit in Workshops verbracht, in denen versucht wurde geeignete Ziele für die Unternehmenssicherheit zu definieren, an deren Erreichung man sich als zuständige Abteilung oder Sicherheitsverantwortlicher messen lassen konnte und darüber hinaus konkrete Kennzahlen zur Messung zu bestimmen.
🔄Das klassische übergeordnete Ziel einer Unternehmenssicherheit wird meist als Absicherung und damit als Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs beschrieben. Manchmal wird auch von der Ermöglichung des Geschäftsbetriebs gesprochen.
Wann ist dieses Ziel erreicht ?
Die wesentliche Frage ist dabei nicht nur wie sich das allgemeingültige Ziel in einzelne Ziele für die einzelnen Sicherheitsbereiche wie u.a. Arbeitssicherheit, Krisenmanagement, Objektschutz oder Reise- und Veranstaltungssicherheit aufgliedern lässt, sondern auch wie man das bereits Erreichte messen kann und damit allen Stakeholdern transparent darstellt wie weit man (beispielsweise in %) von der Erfüllung der gesetzten Ziele entfernt ist.
📈In den Workshops sind wir bei dem Versuch klassische KPIs festzulegen (meist sogar gänzlich ohne zugrunde liegende Zielwerte), die den Output der Sicherheitsprozesse darstellen könnten, nicht über die naheliegendsten Punkte hinausgekommen. Eine Auswahl der üblichen „Kompromisse“ in Ermangelung geeigneterer Kennzahlen:
Anzahl erstellter Sicherheitskonzepte
durchgeführte Beratungen anderer Abteilungen und Briefings von Mitarbeitern
Reports für das Management
Aufklärungsquote gemeldeter Straftaten
Diese Kennzahlen haben alle jedoch eines gemeinsam. Sie bilden ohne konkrete Ziele a) nur eine zusammenhangslose Zahl und geben b) vorwiegend Auskunft über die Produktivität im quantitativen Sinn. Die Qualität der Sicherheitsmaßnahmen kann so nicht dargestellt werden, dabei ist sie in vielen Fällen doch relevanter als die reine Anzahl.
⚠️Die offensichtlichen Schwächen solcher einzeln dargestellten Zahlen oder Sicherheitsabteilungen die ganz ohne Kennzahlen operieren sind aus meiner Sicht der wesentlichen Punkt weshalb Sicherheit Unternehmern bzw. dem Topmanagement so schwer zu vermitteln ist.
Wir als Sicherheitsverantwortliche tun uns schlichtweg schwer damit unseren Wert und den unserer Arbeit adäquat und nachvollziehbar, gar vergleichbar mit anderen Abteilungen, darzustellen. Wenn wir unsere Ziele und Messgrößen schon nicht kennen bzw. nicht postulieren können, ist es nur folgerichtig, dass wir dann kaum auf die Unterstützung von anderen Abteilungen und der Organisationsleitung bauen können, die wir für unsere Arbeit jedoch zwingend benötigen.
Die Beimessung des Werts einer Abteilung ist in Wirtschaftsunternehmen und auch darüber hinaus in den meisten Fällen vom direkt nachvollziehbaren Beitrag zur Wertschöpfung der Organisation abhängig. Das Los aller (oft zentralen) Unternehmensbereiche die abseits vom Kerngeschäft (Produktion, Erbringung der Dienstleistung am Kunden) als Unterstützungsbereiche bezeichnet werden ist, dass sie keinen direkt nachvollziehbaren Beitrag (Return on …) vorweisen können.
💡Das ist der Grund weshalb Sicherheitsabteilungen und ihren Mitarbeitern häufig schlichtweg die Daseinsberechtigung und Legitimation fehlt. Diese lässt sich in der Wirtschaft nun mal nicht mit moralisch zwar korrekten aber bei näherem Hinsehen doch eher vagen Ausführungen über das Sicherheitsgefühl und den abstrakt anmutenden Schutz von Personen und anderen „Assets“ oder „Kronjuwelen“ herbeireden. Ohne einen klaren Rahmen aus, wo wollen wir hin und wo stehen wir gerade, kann nichts, weder das Erreichte noch das bestehende Delta, ins Verhältnis gesetzt werden. Wir Menschen sind bei unseren Überlegungen und den Entscheidungen die darauf beruhen jedoch genau darauf angewiesen.
🟠Manche Unternehmen haben auch deshalb keinen Sicherheitsverantwortlichen abseits der klassischen Safetythemen; es wird nicht deutlich genug was „Sicherheit“, über das gesetzlich geforderte Maß hinaus, bringen würde. Die Unternehmen die bereits eigene Unternehmenssicherheiten unterhalten nutzen häufig deren Potential nicht, da es sich den Entscheidern nicht darstellen lässt. Viele Sicherheitsabteilungen sind mit diversen Themen beschäftigt, deren Output häufig wenig greifbar ist, was den Eindruck des Managements noch verstärkt, Sicherheit schaffe zusätzliche Aufwände durch neue Prozesse und verursache unnötige Kosten. Alternativ sind sie ad-hoc-Problemlöser für Notfälle und andere Abteilungen, ohne Möglichkeit eigenen nachvollziehbaren Wert zu schaffen, da lediglich Anforderungen abgearbeitet aber keine eigene Agenda gesetzt werden kann.
Es handelt sich um einen klassischen Teufelskreislauf. Ohne nachweislich wertschöpfende und nützliche Ergebnisse, keine ausreichende Autonomie und Ausstattung mit Ressourcen um eben diese zu schaffen. Die Definition von Zielen und deren nachvollziehbare Messung ist damit die Existenzgrundlage für die Unternehmenssicherheit und entscheidet wesentlich darüber ob die Abteilung, ausgestattet mit Macht und Ressourcen, über eine hohe Durchschlagskraft in der Organisation verfügt.
🔝Dass Topmanager vieler Unternehmen keine regelmäßigen und umfassenden Reports aus ihren Sicherheitsabteilungen erhalten hat die Ursache auch darin, dass diese sich schwer tun Substanzielles mitzuteilen. Abteilungen und Bereiche die nicht regelmäßig den Wert ihrer Arbeit aufzeigen und damit für sich werben, bleiben häufig unter dem Radar, mit der Folge als überflüssig zu gelten. Sie haben jedoch ihre Berechtigung, Unternehmen funktionieren ohne sie nicht.
✅Es ist relevant möglichst konkrete Anhaltspunkte zu liefern, die den eigenen Sicherheitsexperten und dem Management aufzeigen wie die Abteilung konkret Wert stiftet und wie erfolgreich sie damit ist.
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Bringt OKR tatsächlich etwas ?
Wie ist die Studienlage ?
Die neueste Studie von Haufe zeigt beispielsweise eine deutlich bessere Einschätzung von OKR-Nutzenden (Mitarbeiter und Führungskräfte) im Vergleich zu Nichtnutzern in allen abgefragten Kategorien.
Das Bild zeigt eine Auswahl der eingeschätzten Kategorien und dem Unterschied zu OKR-Nichtnutzern (+X %).
Es handelt sich um gerundete Werte.
Zudem wurde eine Steigerung der Zufriedenheit mit dem Unternehmen, der Einschätzung des Unternehmenserfolgs, der -kultur und Agilität festgestellt.
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